
Als ich kürzlich des Nachts in meinem Heimatort unterwegs war um Flugblätter zu verteilen (der deutsche Aktivist kennt keine Ausgangssperren), hat es mich in eine Neubausiedlung verschlagen. In dieser Siedlung schien in den letzten Jahren die neue Art der Deutschen zu bauen eingekehrt zu sein, die der seelenlosen Eigenheime. Zwischen älteren Häuschen (ich schätze sie auf höchstens 15-20 Jahre) an denen man noch das schöne alte Klinkerhandwerk bewundern darf, mit geschwungenen Dachfirsten und hübschen Vorgärten: Kalte, weiße Kuben, Einzelwohnquader mit blechernen Briefkästen in Schuhkartonformat und mit von Kaltlichtleuchtdioden illuminierten Schotterwegen zum Portal des technokratischen Undings namens „Eigenheim“.
Andreas H.
Kühle Sachlichkeit, weiß verputzte Außenwände die weniger eine einladende Heimeligkeit als eher die eine Botschaft ausstrahlen: „Besitzer hat seine Wurzeln gekappt und sieht sich als Weltbürger“. Passend daneben, in der schiefergrau gepflasterten Mustereinfahrt, das Standardfahrzeug des modernen deutschen oberen Mittelständlers: Wahlweise der „geleaste“ VW Passat TDI Kombi, Audi A3 oder BMW 3er. Allesamt mit „Apple“-Aufkleber auf der Heckklappe. Man muß ja auch auf der linken Spur im Stau zeigen, was man hat.
Was an manchen dieser baulichen Ungetüme fast nicht mehr verwundert ist, daß sie meist von „Bundesbürgern mit türkischem Migrationshintergrund“ bewohnt werden, denen es nicht wesentlich schwerer gefallen sein dürfte, keine Wurzeln mehr zu haben. Darf man das eigentlich noch sagen? Ich glaube mittlerweile muß es „Eingewanderte und ihre direkten Nachkommen“ heißen. Aber ich schweife ab…
Jedenfalls beschlich mich beim nächtlichen Rundgang durch meine Gemeinde, bei dem ich einige Zeit zum Nachdenken hatte ein Gedanke, den niederzuschreiben ich mich fast schon verpflichtete: Wo sind unsere Wurzeln hin? Wohin steuern wir, wenn wir nicht zu ihnen zurückfinden? In Zeiten, in denen eine Grippepandemie unser gesamtes Leben beeinflußt, lenkt und fast schon beendet, in denen wir aufgefordert werden Abstände einzuhalten und zuhause zu bleiben, dürfen wir nicht auch noch unsere Seele verlieren. Denn diese spiegelt sich auch in unseren Häusern wider; sie sollen uns nicht nur ein Dach über dem Kopf sein, sondern auch eine Heimstatt, eine Zuflucht vor dieser hektischen Welt des Konsums und der Rücksichtslosigkeit. Was heutzutage als Behausung gilt mag zwar praktisch, funktional und modern sein, sie alle vereint aber dieser eine große Makel:
Es fehlt der Klinker!
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